Brettchenweben
ist eine Webtechnik die unabhängig von Webrahmen und Webstuhl ist.
Als Webgerät dienen Brettchen mit Löchern in den Ecken. Brettchen mit bis zu 10 Löchern wurden früher verwendet. Häufig hatten sie 3, 4 oder 6 Ecken und waren aus Holz, Horn, Knochen, Leder, Elfenbein oder Bronzeblech.
Durch jedes Loch wird 1 Kettfaden nach einem bestimmten Muster (Musterbrief) gezogen. Ist die Kette fertig wird sie gespannt. Die Brettchen stehen nun parallel zur Kette. Durch das Drehen der Webbrettchen bildet sich das Webfach. Gedreht wird um 90° = 1 Webfach, wobei ein Schussfaden eingeschoben wird.Der Schussfaden ist im fertigen Gewebe nicht sichtbar. Gedreht wird 4 mal in die eine Richtung und 4 mal in die andere Richtung. Ein Wechsel der Drehrichtung ist sehr wichtig, da sich die Kettfäden im oberen Teil (Vorrat) verdrehen. Dieser Wechsel ist ein typisches Merkmal und dient der Musterbildung. Die besondere Haltbarkeit und Zugfestigkeit des Gewebes erklärt sich durch die mehrfach übereinander liegenden und miteinander verdrehten Kettfäden. Die 4 Fäden eines Brettchen verzwirnen sich zu einer Schnur.
Werden die Kettfäden auf die Spitze gestellt, ergibt sich ein 2. Fach. So kann ein Doppelgewebe hergestellt werden. Der Schussfaden wird durch das obere Webfach hingeführt und durch das untere Webfach zurückgeführt. Mit dieser Technik lassen sich auch Schriften und Bilder weben. Dazu müssen einzelne Brettchen besonders eingezogen werden (Z- Drehung und S- Drehung).
Durchbruchmuster lassen sich erreichen, wenn einzelne Kettfäden beim Aufziehen der Kette weg gelassen werden. Es bleiben also Löcher frei. Weitere Muster lassen sich durch das Verdrehen einzelner Brettchen erzielen.
Der Ursprung der Brettchenweberei ist nicht bekannt. Aus dem 3. Jt. v. Ch. fanden die Wissenschaftler Brettchen aus Elfenbein in Susa. Zu den bekanntesten archäologischen Funden gehören der Prachtmantel aus dem Thorsberg Moor in Schleswig-Holstein und die aufgezogene Kette mit 52 Brettchen und Gewebe aus der Nähe von Oseberg in Norwegen.
Die Kirchen zählten im Mittelalter zu den großen Auftraggebern für Brettchenwebarbeiten. Sie ließen die Messgewänder mit vielen aufwendigen Mustern und Gold- und Silberfäden verzieren. Im täglichen Leben der Menschen dienten sie wohl eher dem praktischen Dingen, wie Gürtel, Wickelband, Tierleine oder Tragegurt. Sie waren häufig aus Leinen und Wolle gefertigt.
Ein ganz besondere Fund ist der goldene Schuhriemen aus Alburg, bei Straubingen. In einem fünf-fach Grab fanden die Archäologen u.a. einen ca. 40 Jahre alten Mann. Er trug neben einem goldverzierten prachtvollen Gewand. Schuhriemen mit Goldfäden. Die Goldfäden gehören zu der Kategorie der gesponnen Lahnen. Das sind feine und hauchdünne Streifen aus Goldblech. Diese sind spiralförmig um einen Seidenfaden gewickelt. Die Lahne sind zu einem 5 mm breiten Streifen angeordnet. Diese wurden mit Seidenfäden auf eine Stoffband befestigt, das wiederum auf einem Lederstreifen genäht war. Bei den Stoffstreifen geht die Wissenschaft davon aus, das es sich um eine Brettchenarbeit handelt. Insgesamt sind pro Bein 5,5 Meter Riemen angefertigt worden. Am Fußgelenk sind sie mit einer vergoldeten Silberschnallen und unterhalb des Knies mit vergoldeten Silberbommeln gefestigt wurden. Datiert wird der Fund in den Zeitraum vom 7. Jh. bis ins frühe 8. Jh. Er ist damit einer größten Goldtextilfunde der Merowingerzeit (im Raum Franken ca. 450- 700 Jh.)
In der Volkskunst in Skandinaviens,auf dem Balkan und Nordafrikas hat die Brettchenweberei bis heute überlebt.
Sei nicht der Diener eines andern,
wenn du als eigener Herr kannst wandern.
Paracelsus