Stricken, ein Thema über das Schafsnase eigentlich nicht bloggt. Bei der Vorbereitung auf eine kurze Reise nach Halmstad stolpere ich über die Strickerei „Binge“.

Da war Schafsnase neugierig geworden und wollte mehr wissen:

Frau Axelsson war sofort bereit sich mit uns zu treffen. So kam es, dass wir bei schönstem Wetter mit Frau Axelsson und Frau Drejdal zusammen saßen. Sie schenken uns Einblicke in eine fast vergessene Stricktechnik und Stickerei (Dazu später mehr).

Halmstad ist die Hauptstadt der Provinz Hallands. Sie liegt auf dem halben Weg von Malmö nach Göteborg. Halmstad ist eine gemütliche schwedische Kleinstadt an der Mündung des Nissan, der Stadt wurden bereits 1307 die Stadtrechte verliehen. Zu der langen Geschichte der Stadt gehören auch Kriege, z.B. zwischen Wikingern und 1676 zwischen Schweden und Dänemark. Die Stadt war lange Zeit Dänisch.

Binge ist ein altes Wort für Stricken und stammt aus dem Dänischen. Die Stricktechnik am aus Holland nach Schweden. Binge-Arbeiten werden immer rundgestrickt. Die Arbeit wird am Anschluß, nach dem Stricken, aufgeschnitten. Diese Schnittkante wird zunächst mit einer Maschinennaht auf beiden Seiten der Schnittkante gesichert, sprich mit der Nähmaschine wird zwei- oder dreimal über die Strickarbeit genäht.

Die einzelnen Muster haben ihren eigen Namen

Die einzelnen Muster haben ihren eigen Namen

rechts im Bild ist eine solche Naht zu sehen, links sieht man eine aufgespannte Arbeit

rechts im Bild ist eine solche Naht zu sehen, links sieht man eine aufgespannte Arbeit

Gestrickt sind sie ausschließlich mit 2 Farben.

Die Fadenführung bei Binge

Die Fadenführung bei Binge

Die Fadenführung entscheidet über die Farbgebung, sprich mehr Weiß oder mehr Blau (in diesem Beispiel).

Beispiel

Beispiel

Die Muster haben nur 5 Maschen in einer Farbe. Sie sind nicht größer, da der Träger sonst in dem hinten Faden hängenbleibt. Sollte es jedoch mal zu einem größeren Muster kommen, werden die Fäden verkreuzt.

Hier eine Übersetzung von Anne (Lehrerin an einer dänischen Schule in Schleswig) aus dem Buch „binge“, (Länsstyrelsen i Hallands Län, Lnadstinget Halland, Stiftelsen Hallands Länsmuseer):

Binge

Eine schöne und warme Tradition

Mitte des 16. Jh. ist das südliche Halland karg und arm. Der Wals ist größtenteils abgeholzt und die Heidegebiete verbrannt, um daraus Weideland für das Vieh zu gewinnen.

Durch diese Landschaft geht eine Frau. Es sieht so aus, als ob sie beschäftigt ist, da sie ihre Schritte schnell und entschlossen sind. Es ist aber etwas Merkwürdiges an ihren Bewegungen. Anstatt ihre Arme entlang des Körpers zu schwingen, hält sie die Arme vor ihrem Körper. Die Hände drehen und bewegen sich.

Aus einer anderen Richtung kommt ein Mann, er macht die gleichen Bewegungen.

Schneller Gang und die Hände vor dem Körper. Bevor die beiden sich treffen, biegen sie ab in Richtung eines kleinen Bauernhauses. Während sie die Treppe vor dem Haus hochgehen und die Holzschuhe ausziehen, bleiben die Hände in Bewegung. Der Mann stößt die Tür mit dem Ellenbogen auf, so muss er nicht mit seiner Beschäftigung innehalten.

Ein kleines Mädchen erscheint in der Türöffnung. Sie geht zur Seite um die Beiden hinein zu lassen. Während die Beiden hineinkommen, hält auch sie die Hände in Bewegung. Um nicht aufhören zu müssen, schließt sie die Tür mit dem Fuß.

Im Haus sitzen sehr viele Menschen die auf die gleiche Weise beschäftigt sind. Sie arbeiten mit dem Stricken oder „Binge“, wie man es zu der Zeit in Halland nennt. Das Bingen ist so ähnlich wie binden, etwas das man hier in Vaextorp von einer holländischen Gutsfrau und ihren Bediensteten gelernt hat. In dem Bauernhaus findet ein „Bingefest“ statt.

Nachdem die Kunst des Strickens sich in Halland gefestigt hatte, verbreitete sie sich schneller als ein Heidefeuer über die Landschaft. Hier gibt es eine Beschäftigung, die man in jeder freien Minute ausüben kann. Eine Beschäftigung, die man zu Geld machen kann, welches eine Mangelware bei den Bauren von Halland war.So verbreiten sich Halländische Strickwaren in Schweden, durch die Hilfe des Vestgöttaland-Kanals und durch die fahrenden Händler. Selbst die schwedische Armee weiß die wärmenden Strickpullover z schätzen und bleibt ein zuverlässiger Kunde bis zum Anfang des 19.Jhs.

Erst durch die Industrialisierung werden die Strickwaren verdrängt. Aber trotzdem gibt es Frauen die stricken wollen. Gleichzeitig taucht eine energische Idealistin auf, die der Ansicht ist, dass die Kunst des Handwerks ds Strickens für die Nachwelt erhalten bleibt.

Ihr Name ist Berta Borgström, eine Arzt-Frau aus Laholm. Sie gründet den Verein des Strickhandwerks in Laholm, welches der Anfang für den Halländischen Kunstgewerbe-Vereins des Strickens ist, und den es heute noch gibt.

Das Halländische Stricken ist leicht wieder zu erkennen. Hier gibt es die charakteristischen Formen von stilechten geometrischen Mustern. Aber auch eine Fülle von Variationen und lokalen Abänderungen quer durch die Bevölkerung. Fast wie eine Art Spielmannsmusik. Man lönnte sich vorstellen, dass in vergangenen Tagen, die Strickfeste so ähnlich genutzt wurden, wieheute das gemeinsame musizieren von Musikern, die sich gegenseitig insirieren. Im Gegensatz zum Musikfest, wird man beim Strickfest nicht von Instrumenten und Gesang unterhalten, sondern von flinken Fingern und Händen und von leisen gedämpften Gesprächen.

Willkommen beim Mitmachen. Werde ein Teil von einer warmen und schönen Tradition, aus einer Zeit als das Überleben an einem Fader hing.

Frau Drejdal nahm uns im Anschluß mit in das Magazin des Museums. Hier zeigte sie uns die alten Binge-Stücke, die in Schubfächern eingelagert auf ihren Einzug ins Museum warten.

Rock in einem Schubfach

Rock in Binge Sticka

Pullover mit kleinem Püppchen aus Wollresten

Pullover mit kleinem Püppchen aus Wollresten

 

Weitere Informationen unter:

digitalmuseum.se binge

Sticka binga, Texte von Harriet Axelsson, ISBN 978-91-639-1754-7

Buch mit Informationen und gut verständliche Anleitungen

Buch mit Informationen und gut verständliche Anleitungen

Vielen Dank für die tolle Gespräche und Eindrücke.

Man kann in Kinder nichts hinein prügeln, aber vieles heraus streicheln.

Es gibt kein Alter, in dem alles so irrsinnig intensiv erlebt wird wie in der Kindheit.
Wir Großen sollten uns daran erinnern, wie das war.

Astrid Lindgren
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