Ein leichter Nieselregen lässt den Deich trostlos aussehen. Es ist ganz still überall. Die Schafe sind unter sich. Doch Fritz kann einen bunten Regenschirm hinten am Deichtor erkennen. Mit dem Regenschirm schützt sich ein älterer Herr, eingehakt bei seiner Frau, vor dem Regen. Mittlerweile sind sie in der Nähe von Fritz zum Stehen gekommen.

Der Mann erzählt kopfschüttelnd:

Das schwarze Schaf in der Familie, das war ich.

Weißt du eigentlich, wie der Ausdruck „schwarzes Schaf“ zu seiner Berühmtheit gekommen ist?

Mit leicht geneigtem Kopf schaut er die Frau an seiner Seite an. Diese zuckt mit den Schultern und lächelt ihn an. So erzählt er weiter und Fritz geht in Gedanken auf Reisen:

Als die Menschen vor etwa 9000 Jahren anfingen, Schafe zu züchten war das Fell noch rötlich bis braun, so ist das Fell der Mufflons heute noch. Unsere Vorfahren züchteten die Wolle der Tiere immer weißer, was viele Jahrzehnte dauerte. Die genetische Veranlagung ist jedoch nicht ganz weg gezüchtet. So kommt immer wieder mal ein schwarzes Schaf auf die Welt, ca. jedes zweihundertste Schaf. Die meisten Schäfer möchten die schwarze Wolle nicht haben, da sie sich nicht färben lässt und auch schon mal von anderer Qualität ist. Schwarze Schafe sind also Außenseiter. Aber es gibt auch Schäfer, die schwarze Schafe in ihrer Herde mögen. Diese Hirten sind der Meinung, dass Schafe, die es gewohnt sind, dass schwarze Tiere in der Herde laufen, nicht so empfindlich sind, da auch die Hütehunde oder andere Tiere, Wildschweine zum Beispiel dunkel gefärbt sind. So sollen die Berber glauben, dass schwarze Schafe in der Herde den „Bösen Blick“ auf sich ziehen und ihn neutralisieren. So schützt das schwarze Schaf die ganze Herde.

Das Paar rückt noch dichter unter dem Schirm zusammen und schaut über den Deich. Der Senior berichtet weiter während er seine Mütze aufsetzt: Bei den Menschen ist das ähnlich, auch da gibt es schwarze Schafe, z. B. in der Familie, in der Firmenbelegschaft oder in einem Berufsfeld. Auch hier sind sie die Außenseiter durch ihr Verhalten oder durch ihre Vorstellungen. Sie werden leicht zum Sündenbock gemacht. Schwarze Schafe sind sogar ein Thema in der Bibel, bei Moses.

Das alte Paar sucht das schwarze Schaf auf dem Deich und der Herr schiebt seine Pudelmütze tiefer in den Nacken. Dabei spricht er: Die Seefahrer im Frankreich ollen die Pudelmütze erfunden haben, als Schutz ihrer Köpfe auf in den engen Schiffen.“ Der Frau fällt das Gedicht „Das schwarze Schaf oder die Ballade vom bösen Sven“ von Franz Josef Sauer ein. In dessen vierten Strophe heißt es:

„Sankt Florian, der Viehpatron

half manchem schwarzen Schafe schon

und färbte seine Wolle,

so wurd´auch ich ein Schäfchen weiß,

am Kopf beginnend bis zum Steiß,

als käme ich von Frau Holle.“

Dicht zusammen gehen die beiden unter ihrem Schirm an Fritz vorbei, der erschrocken von seiner Reise erwacht.

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