aus: Des Knaben Wunderhorn
von Armin v. Brentano
Spinn, Mägdlein Spinn!
So wachsen dir die Sinn;
Wachsen dir gelbe Haar,
Kommen dir die klugen Jahr.
Ehr, Mägdlein, ehr
Die alte Spinnkunst sehr;
Adam hakt und Eva spann,
Zeigen uns die Tugendbahn.
Lieb, Mägdlein , lieb
Der Hanna ihren Trieb;
Wie sie mit der Spindel kann
Nähren ihren blinden Mann.
Preis, Mägdlein, preis
Der Mutter Gottes Fleiß;
Diese heilige Himmelskron
Spann ein Röcklein ihrem Sohn.
Sing, Mägdlein, sing
Und sei fein guter Ding;
Fang dein Spinnen lustig an,
Mach ein frommes End daran.
Lern, Mägdlein, lern
So hast du Glück und Stern;
Lerne bei dem Spinnen fort
Gottesfurcht und Gotteswort.
Glaub, Mägdlein, glaub
Dein Leben sei nur Staub;
Daß du kömmst so schnell ins Grab,
Als dir bricht der Faden ab.
Lob, Mägdlein, lob
Dem Schöpfer halte Prob;
Daß dir Glaub und Hoffnung wachs
Wie dein Garn und wie dein Flachs.
Dank, Mägdlein, dank
Dem Herrn, daß du nicht krank,
Daß du kannst fein oft und viel
treiben dieses Rockenspiel.
Dank, Mägdlein, dank.